Pilgern als Ausdruck des Glaubens

DSC06879 (c) SMG St. Paul

Seit dem 12. Jahrhundert gibt es die Wallfahrten nach St. Matthias.

Unzählige Menschen haben sich die Jahrhunderte hindurch auf den Weg gemacht, um als Pilger die Gemeinschaft des Glaubens zu erleben. Gibt es auch in anderen Religionen das Phänomen der Wallfahrt, so ist es gerade im christlichen Glauben ein angemessenes Zeichen für den Weg des Lebens, der als Weg des Glaubens gesehen und erfahren wird. Die Wallfahrt drückt also das aus was auch im Alltag geschieht: Menschen sind auf dem Weg mit ihrem Gott.

Der Gott des Bundes führt sein Volk, und die Menschen erfahren seine Nähe und Weggemeinschaft.

Davon erzählt das Alte Testament, davon berichten die Evangelien, wenn sie Jesus auf dem Weg mit den Jüngern zeigen.
Im christlichen Verständnis ist die Wallfahrt nicht in erster Linie ein Weg zu Gott, sondern ein Weg mit Gott. Der Glaube betont, dass Gott den ersten Schritt zu den Menschen macht. Er selber lädt sie ein, sich mit ihm auf den Weg zu machen. Die Wallfahrt ist demnach nicht Bitte um, sondern Erfahrung von Gemeinschaft. Der Weg ist also das ,,Ziel“. Der Weg eröffnet Veränderung. Der Weg verwandelt. Wer sich darauf einlässt, spürt das. Einzige ,,Voraussetzung' für die Pilger ist die Bereitschaft, den Weg mitmachen, dabeisein zu wollen.

Der Apostel Matthias, dessen Verehrung diese Wallfahrtsbewegung angeregt hat, ist ein sprechen-des Beispiel für die Weggemeinschaft. die Jesus den Menschen ermöglicht hat, und die er - so glauben wir - auch heute ermöglichen will. Von Matthias berichtet die Apostelgeschichte, er sei ,,von Anfang an dabeigewesen, als der Herr Jesus bei uns ein- und ausging“. Sich mit auf den Weg des Glaubens zu machen, ist auch der Wunsch der Pilger heute.

Eine Wallfahrt führt Menschen zusammen und hilft, Isolierung zu überwinden. Gemeinsames Suchen und Erleben werden zur Stütze für alle. Oft spüren Menschen auf dem Pilgerweg von neuem, was es bedeuten kann zu glauben.

Das Zusammensein über mehrere Tage. bei oft ganz einfachen äußeren Bedingungen, erschließt neue Erfahrungen, die im alltäglichen Glauben weiter-wirken. Die Bewältigung von Anstrengungen, das Aushalten von Strapazen. aber auch das Erlebnis gemeinsamer Freude führt Menschen tiefer zu sich selbst und zueinander. Die Verkrustungen des Alltags werden aufgebrochen, und die oft beklagte Kopflastigkeit hat hier keine Chance. Denn der ganze Mensch in seiner leib-seelischen Einheit wir einbezogen, und die tieferen Schichten des Inneren öffnen sich für die Begegnung mit Gott.

Darum geht es bei der Wallfahrt: Sie ist eine Möglichkeit, die Beziehung aufzugreifen und zu spüren, die Gott mit den Menschen eingegangen ist. Die Zeit, die Menschen dieser Begegnung widmen, wird zu einem Geschenk, das das Leben verwandelt.

Br. Ansgar Schmidt OSB, Br. Hubert Wachendorf OSB